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Sehen lernen:
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“Sehen Sie genau hin, lernen Sie zu sehen und zu malen, zu zeichnen, malen Sie Landschaften.” (zitiert nach: Vivian Russell - Monet und seine Landschaften) Diesen Tipp gab Eugène Boudin dem 18-jährigen Claude Monet im Jahr 1858 und beeniflusste damit entscheidend Monets Karriere.
Doch was eigentlich ganz selbstverständlich klingt (Na klar sehe ich ganz genau hin! - werden Sie sagen), ist in Wahrheit gar nicht so einfach, besonders für einen Landschaftsmaler.
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Dieses Schachbrett ist eines meiner liebsten Beispiele dafür, wie man selbst durch genaues Hinsehen nicht die wirklichen Lichtverhältnisse (unablässige Voraussetzung für ein Landschaftsbild) wahrnehmen kann, weil das Bildverarbeitungssystem in unserem Gehirn seine eigene Interpretation unbedingt in das gesehene Bild einbringen will. Stellen Sie sich vor, dass Ihre Wahrnehmung von zwei mehr oder weniger unabhängigen Systemen (nennen wir sie mal bewusste und unbewusste Wahrnehmung - nicht Unterbewusstsein, das trifft es nun wirklich nicht!) beeinflusst wird. Die unbewusste Wahrnehmung ist dem Bewusstsein vorgeschaltet und liefert diesem ein fertig interpretiertes Bild, gegen das sich der bewusste Teil der Wahrnehmung auch mit großer Mühe nicht wehren kann.
Im Fall des oben gezeigten Schachbretts haben die hellgrauen Felder im Schatten den gleichen Grauwert wie die dunkelgrauen Felder im beleuchteten Teil des Schachbretts. Sehen Sie genau hin! Hier die tatsächlichen Grauwerte zu sehen ist nahezu unmöglich - wenn Sie sich sehr konzentrieren, bekommen Sie wahrscheinlich nur Kopfschmerzen (die typische Reaktion Ihres Gehirns, um Sie von diesem Blödsinn wieder abzubringen). Selbst mit einem Hilfsmittel (siehe Bild unten) ist es noch schwierig, Ihrer unbewussten Wahrnehmung die tatsächlichen Grauwerte zu beweisen.
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Es gibt nur eine Erklärung dafür, warum das Unbewusste in unserer Wahrnehmung die hellgrauen Felder im Schatten heller macht, als sie wirklich sind: Unser Wahrnehmungssystem erkennt, dass es sich bei dem Muster um ein Schachbrett handelt und beschließt deshalb, dass es sich um eine regelmäßige Abfolge von hellen und dunklen Feldern handelt und deswegen müssen die hellen Felder im Schatten eben hell sein, auch wenn wir es gar nicht so sehen. “Die sind hell - basta!”, sagt unsere unbewusste Wahrnehmung und das Bewusstsein hat nichts mehr zu melden. Oder einfacher gesagt: Die unbewusste Wahrnehmung blendet Schatten einfach aus!
Das passiert beim Betrachten von Landschaften oder Gegenständen andauernd: Auch Bäume in weiter Ferne sind natürlich GRÜN, Schnee ist WEISS und Wände sind GERADE! Und erst wenn Sie versuchen, zu malen was Sie sehen, werden Sie feststellen, dass Sie sich überhaupt nicht auf Ihre Wahrnehmung verlassen können.
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Tipp 1:
Das menschliche Bildwahrnehmungssystem blendet die Schatten im Bild weitgehend aus. Schatten sind also in Wirklichkeit viel kräftiger. Wenn Sie die Schatten so malen, wie Sie sie sehen, dann wirkt das Bild langweilig und kontrastarm - vor allem um lichtdurchflutete Sommerbilder zu erzeugen, sollten Sie die Schatten also verstärken!
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Ähnliches passiert auch bei der Farbwahrnehmung, allerdings kann es hier auch vorkommen, dass sich mit der Helligkeitswahrnehmung auch die Farbwerte verändern. Betrachten Sie in der Abbildung unten die Punkte in orange. Während der Punkt in der dunkelsten Seitenfläche des Würfels deutlich leuchtend orange erscheint, sind die beiden entsprechenden Punkte auf den helleren Seiten eher braun.
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Tipp 2:
Wie bei den Schatten “funkt” die unbewusste Wahrnehmung auch in anderen Bereichen dazwischen. Bäume, die in weiter Ferne im Dunst verschwimmen, werden von der unbewussten Wahrnehmung grün eingefärbt, weil es ja Bäume sind, Schnee erscheint auch im Schatten weiß, obwohl er (vom blauen Streulicht des Himmels angestrahlt) deutlich blau gemalt werden müsste.
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Tipp 3:
Claude Monet versuchte zeit seines Lebens, die Wahrnehmung vom Wissen abzukoppeln, also eine Landschaft völlig unvoreingenommen zu sehen. Man kann lernen, die Bildinterpretation durch die unbewusste Wahrnehmung zumindest zeitweise zu unterdrücken. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, aber es lohnt sich, daran zu arbeiten!
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